Schnell schob Mick Anna mitsamt ihren Habseligkeiten in sein Arbeitszimmer, das links vom Wohnzimmer abging. „Kein Mucks will ich von dir hören!“raunte er ihr zu und Anna nickte, ein schiefes Lächeln auf den Lippen. Sie ließ sich in seinen ramponierten weinroten Ledersessel, der hinter einem alten ramponierten Schreibtisch stand, fallen.
Ein kurzer Blick zurück, Anna verschwand in dem ledernen Ungetüm beinahe, zog Mick die Tür des Arbeitszimmers hinter sich zu und lockerte kurz seine Muskeln, bevor er in Richtung Tür ging um den Türöffner zu betätigen. Gleichzeitig leuchte der diskrete LED Minibildschirm auf und Mick erblickte einen äußerst wütenden Carl Freischild. „Carl, welch Überraschung! Solltest du nicht gerade mit einem Walzer die Tanzfläche eröffnen?“ „Du weißt genau was passiert ist“ tönte blechern die Stimme des reichen Schnösels aus dem Lautsprecher der Sprechanlage. Carls Gesicht lief rot an und zeugte von mühsam unterdrückter Wut. Amüsiert grinsend lehnte Mick an der geöffneten Haustür, während der Aufzug dezent säuselnd nach unten fuhr.
Mick entschied sich im letzten Moment dagegen an der Tür zu warten, schlenderte ins Wohnzimmer, schaltete die Stereoanlage ein und entnahm dem Kühlschrank zwei Bierflaschen. Anna beobachtete ihn gespannt durch den winzigen Spalt der Tür zum Arbeitszimmer und sah ihm verwirrt bei seinen Vorbereitungen zu! Mick bedeutete ihr mit hektischen Handbewegungen von ihrem Platz zu verschwinden. Keine Minute zu früh, denn Carl stürmte wie ein wütender Stier in die Wohnung. Mick lehnte scheinbar gelassen an seinem Küchentresen und hielt Carl eine Bierflasche entgegen. Verwirrt griff Carl danach „Wo ist Anna? Wenn das einer weiß dann wohl du“ Carls Stimme schnitt messerscharf durch die Luft und seine eisig blickenden grünen Augen, ein Erbe seines Vaters, nagelten ihn förmlich an seinem Platz fest. Mick hob beide Hände, signalisierte friedliche Absichten, und trank betont langsam aus seiner Bierflasche. „Was ist denn los Mann? Warum stehst du hier bei mir in meiner bescheidenen Hütte anstatt deine Frau übers Parkett zu wirbeln?“ Irritiert hielt Carl beim Trinken inne. „Willst du mich verarschen du Schmierfink? Du bist ihr bester Freund und willst mir weiß machen, du weißt nicht was los ist?“ Drohend baute sich Carl vor Mick auf. Mick nahm seelenruhig noch einen Schluck Bier. Von der Statur hätten die beiden nicht unterschiedlicher sein können. Carl, eher der Typ sonnengebräunter Beach-Boy mit wahren Muskelbergen, Mick der beinahe Schlaksig und eher schmächtig wirkte. … „Jetzt hör mir mal gut zu, Carl!“ Mick hatte offensichtlich Mühe die Ruhe zu bewahren. „Ich kann es dir gerne nochmal sagen und das in aller Deutlichkeit: Ich habe mit euren Problemen nichts zu tun. Wenn Anna dich jetzt nicht sehen möchte, was offensichtlich ist, lass sie in Ruhe, gib ihr Zeit alles zu überdenken!“ Carls Gesicht wechselte von Hochrot zu Tiefviolett. Mick befürchtete ernsthaft, sein Gegenüber könnte einen Herzinfarkt erleiden. „Willst du mir damit sagen, dass sie mit dir gesprochen hat? Ist sie etwa doch hier bei dir?“ Carl versuchte einen Schritt in Richtung Wohnzimmer zu gehen, Mick stellte sich ihm in den Weg, wohl wissend welches Temperament sein Gegenüber an den Tag legen konnte. Er spielte mit dem Feuer, er wusste es. „Ich will damit gar nichts sagen…“ entgegnete er Carl, doch in diesem Moment passierte das denkbar ungünstigste. Die Tür des Arbeitszimmers schwang aus unerfindlichen Gründen auf und gab den Blick auf Anna, die mit hochgezogenen Beinen auf dem Ledersessel saß, frei. Die Hoffnung, die Sache friedlich aus der Welt zu schaffen, war dahin. „Scheiße“ fluchte Mick, während Carl in Richtung Arbeitszimmer stürmte.
– Wo hatte Anna ihn da nur wieder mit reingezogen –
dachte Mick, hastete hinter Carl her und bekam gerade noch seinen linken Unterarm zu fassen, den er mit seiner Hand fest umschloss. „Ich habe dir gesagt, dass Anna dich jetzt nicht sehen will!“ Weiter kam Mick nicht, denn Carl schüttelte seine Hand wie eine lästige Fliege ab und verpasste ihm einen Fausthieb der ihn sauber am Kinn traf, so dass er kurzzeitig Sterne sah.
– eine saubere Rechte hat der Schnösel –
dachte Mick, während er benommen den Kopf schüttelte und seine Kieferknochen wieder dorthin schob wo sie hingehörten. Trotz der hämmernden Kopfschmerzen die sich ankündigten, griff er erneut nach Carl, der überrascht inne hielt und sich umdrehte. Mit aller Kraft die er noch aufbieten konnte, rammte Mick ihm seine Faust an die Schläfe.
– Verdammt, verdammt, verdammt, das tat verflucht weh-
Am liebsten wäre Mick auf einem Bein vor Schmerz heulend durch seine Wohnung gehüpft, doch instinktiv rammte er stattdessen Carl sein Knie in den Magen und schleifte ihn schnaufend in Richtung Haustür.
„Wenn Anna bereit ist, wird sie sich bei dir melden! Und ich rate dir dich ruhig zu verhalten, mach jetzt keinen Fehler, sonst rufe ich die Polizei. Was wären das nur für hässliche Schlagzeilen! Das würde dein Daddy bestimmt nicht amüsant finden!“ japste Mick, gab Carl einen Schubs, der ihn in den Hausflur stolpern ließ und knallte die Tür hinter ihm zu.
Schweißgebadet lehnte sich Mick von Innen an die Tür, die unter Carls Schlägen erzitterte. Nach fünf Minuten erstarb das Hämmern und Schreine auf der anderen Seite endlich und er rutschte wie ein nasser Sack an der glatten und kühlen Oberfläche zu Boden. Sein Kiefer hämmerte, starke Kopfschmerzen kündigten sich durch einen stechenden Schmerz an und seine Hand pochte ebenfalls schmerzhaft. Er konnte hören wie Carl fluchend auf irgendwas anderes eindrosch, er vermutete, dass der Rufknopf für den Aufzug dran glauben musste. Schließlich knallte die Sicherheitstür vom Treppenhaus in der Stille, die danach auch nicht mehr unterbrochen wurde. Mick atmete auf, stemmte sich nach Atem ringend hoch und wankte in Richtung Arbeitszimmer, wo er eine vollkommen in Tränen aufgelöste Anna vorfand. „Es tut mir so leid“ schluchzte sie abgehakt und rollte sich auf der Couch, die an der Seite hinter der Tür stand, wie ein kleines Kind zusammen. Sanft lege Mick einen Arm um ihre Mitte und zog sie an sich. „Nicht doch, alles wird gut, du wirst schon sehen“ Wie oft er diese Worte wiederholte, konnte er nicht sagen, denn Anna hatte einen nicht enden wollenden Heulkrampf. ..” Als ihre Schluchzer leiser wurden und die Tränen aufhörten in Sturzbächen ihren Wangen runter zu rollen, ließ Mick sich dazu hinreißen ihr einen Kuss auf den Scheitel zu hauchen.
Er konnte ihr keine Schonfrist gönnen, dafür drängte die Zeit zu sehr. Er drückte ihren Körper an sich. „Ich kann nicht hierbleiben Anna!“ Mit großen Augen, die ihn wie ein verwundetes Reh anblickten und in denen noch immer dicke Tränen schwammen, sah sie ihn verwirrt an. „Der Typ, mit dem ich eben im Auto telefoniert habe, hat mir einen Job bei der Reuters Niederlassung in London klar gemacht! Ich habe die Stelle angenommen, als ich dachte…naja ich dachte du wärst mit Carl verheiratet“ schloss Mick lahm und konnte Annas Blick nicht stand halten. Während er seine Wunden und geschwollenen Handknöchel betrachtete fuhr er fort. „In zwei Tagen fliege ich über den Teich!“ Anna versteinerte förmlich in Micks Armen und sein Herz zog sich vor Schmerz zusammen. „Wenn du willst, kannst du gerne nachkommen, damit du von dem ganzen Durcheinander hier Abstand gewinnst und deine Gedanken ordnen kannst. Anton wird sich darum kümmern! Er braucht nur ein paar Tage Zeit um alles in die Wege zu leiten. Schaffst du so lange durchzuhalten?“
Anna hasste die Tränenflut die unaufhörlich aus ihren Augen schoss, doch sie konnte nicht anders. Carls Auftauchen machte alles nur noch schlimmer. Als die Tür zum Arbeitszimmer aufsprang konnte sie ein Keuchen nicht mehr unterdrücken und schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Sie hatte diese verdammte Tür nicht richtig ins Schloss einrasten lassen. Carl schrie unaufhörlich Annas Namen, wollte sich nicht von Mick beruhigen lassen und sie hörte das Handgemenge zwischen den beiden. Schluchzend verkroch sich Anna auf der alten, verschlissenen Couch und schlug die Hände vor das Gesicht. Ihr Leben war ein totales Chaos. Als Mick ihr jetzt auch noch eröffnete, dass sie die nächsten Tage allein überstehen müsse, erstarrte sie zur Salzsäule! Ihre Tränen hatten sein graues T-Shirt, das sie ihm vor Jahren zum Weihnachtsfest geschenkt hatte vollkommen durchnässt. Seltsam was einem alles in den Sinn kam und auffiel wenn man am Boden lag. Wo sollte sie jetzt hin?
Hallo Alexa, ja die politischen Zeiten sind im Momente nicht gerade leicht. Auch ich bin noch unsicher, welcher Partei ich…