Ich sitze hier nach einem anstrengenden Tag im mobilen Arbeiten und möchte eigentlich nur noch den Kopf auf die Tischplatte legen und weinen. Statt dessen sitze ich am PC und versuche zwei Verbindungskapitel von meinem Buch zu beenden die nötig geworden sind, weil ich einen Zeitfehler beim schreiben eingebaut habe. Meine Gedanken schweifen ab, zu den Ereignissen der vorangegangenen Stunden und die Idee zu Alexas Moments “Gedanken zu…” ist geboren. Wie immer versuche ich mich erst mal an der Rubrik und werde sehen ob ich diese weiterführe. Gedanken zu was eigentlich? Heute mache ich mir viele Gedanken über mein derzeitiges Leben. Der Zustand vom mobilem Arbeiten und gleichzeitiger Kinderbetreuung. Ich bin noch nicht einmal einer Woche in dieser Tretmühle und ich zwinge mich schon jetzt zum Durchhalten. Unser Kind macht das super, es ist natürlich dass Sie ständig zu mir kommt und mit mir spielen möchte, schließlich hat sie im Augenblick niemanden außer mich. Es ist normal, dass unsere Tochter auch einen “Wohnungskoller” bekommt und einfach nur aus dieser Situation ausbrechen möchte und einen Wut-/Heul-/Schreianfall bekommt, was meine Nerven dünner und dünner werden lässt, bis auch ich schließlich laut werde und wir am Ende mit Tränen in den Augen uns gegenüber stehen und uns entschuldigen. Wir nehmen uns in die Arme und sagen “Ich hab dich lieb.” Doch die Situation ändert sich nicht, bleibt noch auf Wochen gleich.
Ich bin nicht wütend auf unsere Tochter, ich bin wütend auf die Gesamtsituation. Ich habe Verständnis für ihr Verhalten, welches so gar nicht zu ihrem Wesen passt. Und doch, fällt es mir zuweilen schwer Ruhe zu bewahren.
Allem gerecht zu werden, Mama zu sein, Angestellte und Kollegin, Frau, Hausfrau, Partnerin, Katzen- und Hundemama, ja, an einem Abend wie heute spüre ich die volle Last der Verantwortung eines jeden meiner Lebensbereiche auf den Schultern und frage mich dabei: Wo bleibe ich? Wie soll ich das durchhalten? Wie lange MUSS ich das alles durchhalten? Wann hat der Wahnsinn mit dem Namen Corona endlich ein Ende?
Ich bin erschöpft, erschöpft von den Diskussionen über das Haarebürsten, die richtige Kleiderwahl für den Winter, über die Lautstärke des Spielens und des Fernsehers. Erschöpft von den Rollenspielen, an denen unser Kind gerade so viel Freude findet, erschöpft von der Arbeit, weil heute die Technik hier zu Hause einfach nicht richtig funktionieren wollte. Müde, weil ich nicht richtig schlafen kann, weil unsere Hündin jetzt in das Alter kommt wo sie öfter mal auch Nachts “muss” und ehrlich gesagt auch deshalb, weil mich die Umstände der Pandemie, die uns dazu zwingt so zu leben, erdrücken.
Mir ist das gar nicht so bewusst, über den Tag. Ich kann wirklich immer und jeden Tag etwas schönes und positives finden.
Heute war es zum Beispiel ein Spaziergang durch den Schnee der heute Nacht gefallen ist.
Der grandiose Sonnenuntergang am Abend, oder dass mir eine liebe Kollegin eine süße Überraschung hat zukommen lassen, weil ich ihr bei einem Problem habe helfen können.
Auch schön war, dass ich heute endlich eine Kerze mit Holzdocht ergattern konnte. Ich suche sie schon lange und jedes Mal hatte ich Pech und sie waren beim Discounter ausverkauft. Eben konnte ich mir endlich eine sichern und während ich den Artikel hier schreibe, brennt die Kerze munter vor sich hin und verbreitet einen angenehmen Duft mit einem heimeligen Knistern, dass sich anhört wie ein Mini-Kaminfeuer.
Es sind die kleinen Dinge, die das Leben zu etwas besonderem machen, das stimmt und nie war es wichtiger als im Augenblick sich an diesen kleinen Dingen zu erfreuen. Mir fehlt es sehr mich frei und unbesorgt bewegen zu können, nach der Arbeit ins Sportstudio fahren zu können, kurz in ein Dekorationsgeschäft zu fahren, um unser zu Hause schöner zu machen. In den Baumarkt, damit wir endlich mit den geplanten Renovierungen starten können. Das sind alltäglichliche und banale Dinge, Kleinigkeiten, dass weiß ich. Doch es sind diese Möglichkeiten, Begebenheiten, die mir Lebensqualität vermitteln.
Ich möchte mit unserer Tochter wieder ins Schwimmbad, außerhalb frühstücken gehen, ins Kino, Kleidung im Geschäft kaufen gehen. All diese Dinge, die ich erst zu schätzen gelernt habe, seit wir das alles nicht mehr dürfen.
Natürlich kann ich Bekleidung auch online kaufen, im Baumarkt per Click & Collect bestellen, Deko über das Internet erwerben, das ist mir bewusst, es ist nur nicht dasselbe, ich fühle mich dadurch noch mehr eingesperrt in meinen eigenen vier Wänden.
Mir ist von heute auf morgen die Struktur des Lebens abhanden gekommen. Ich stehe morgens auf, meist ist unsere Tochter dann auch schon wach, gehe ins Bad, mache Frühstück für alle, da mein Mann erfreulicherweise momentan eine Weiterbildung macht und kein Schichtdienst fahren muss. Wir frühstücken, er geht aus dem Haus und ich setze mich an den Tisch in der Küche (da sitze ich am besten) fahre mein PC hoch und bin sozusagen in meinem Büro. Dann arbeite ich, versuche gleichzeitig meine Tochter im Blick zu halten und es ihr so angenehm wie möglich zu gestalten, dass sie zu Hause ist, ohne sonstige soziale Kontakte.
Die Abgrenzung zwischen beruflichem und privatem Leben verschwimmen, weichen auf. Ich habe am Wochenende zweimal meinen Arbeits-PC hochgefahren um zu gucken was an Arbeit anliegt. Früher für mich unvorstellbar.
Auf der anderen Seite ist mir meine Katze schon durch den Bildschirm gelaufen als ich in einem Videocall mit einem Arbeitskollegen war und unsere Hündin ist ausgerastet, weil der Postbote an der Tür klingelte.
Ich bin mehr als nur in der glücklichen Position einen Arbeitsbereich bzw. Arbeitsbereiche zu haben, die ich im mobilen Arbeiten bedienen kann. Hinzu kommt, dass mein Arbeitgeber das mobile Arbeiten fördert und sich nicht quer stellt, wie so manch andere Unternehmen. Ich bin froh und dankbar darum, doch die Ausgangsposition dafür ist denkbar schlecht. Corona macht so vieles kaputt, nimmt uns noch mehr und bringt mich an die Grenzen dessen, was ich ertragen kann.
Die von mir erwähnte Struktur des Tagesablaufes ist bei mir komplett abhanden gekommen. Ich funktioniere nur noch und das ist ein Zustand, der mich nervös macht. Ich bin ein Mensch der klare Vorgaben in seinem Leben benötigt, Veränderungen heiße ich willkommen, aber moderat, am besten angekündigt und wohl dosiert.
Bis ich mir einen Tagesablauf für die jetzige Situation zusammengestellt habe und mich daran gewöhnt habe, muss ich mich wieder umstellen, da dann hoffentlich wieder der eingeschränkte Alltag mit Büropräsenz beginnt.
Der fehlende und ungewohnte Tagesablauf laugt mich aus. Ich reagiere statt zu agieren, vieles bleibt auf der Strecke und ich erledige nur das notwendigste.
Ich weiß sehr wohl, dass ich noch Glück im Unglück habe. Wenn ich daran denke, dass unsere Tochter eigentlich schon in die Schule gehen könnte, wenn wir uns nicht dagegen entschieden hätten, und wir jetzt homeschoolen müssten, da läuft es mir eiskalt den Rücken hinab.
Ich weiß, morgen sehe ich die Welt nicht mehr so grau in grau, es wird alles besser werden, aber heute Abend, heute gestatte ich mir einfach mal verzweifelt zu sein, müde zu sein, wütend auf Corona zu sein, schwach zu sein.
Was beschäftigt euch? Zu welchen Themen macht ihr euch eure Gedanken? Setzt Corona euch auch so zu? Ich freue mich auf eure Antworten.
In diesem Sinne
Eure Alexa
Hallo Alexa, ja die politischen Zeiten sind im Momente nicht gerade leicht. Auch ich bin noch unsicher, welcher Partei ich…